Erkrankungen im Alter


Krankheitsbilder im Alter

Austrocknung

Austrocknung (Dehydratation, Exsikkose, Flüssigkeitsmangel, Volumendefizit): Austrocknung der Körperzellen, entweder durch fehlende Flüssigkeitszufuhr oder durch vermehrten Flüssigkeitsverlust (z. B. bei Durchfallerkrankungen und großer Schweißproduktion), häufig einhergehend mit Mangelernährung. Ein Wassermangel führt zu lebensbedrohlichen Störungen im Salzhaushalt, u. a. mit Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit.

Die Akuttherapie im Krankenhaus ist einfach, wenn keine sonstigen Erkrankungen bestehen. Die Rückfallgefahr ist jedoch hoch, wenn die pflegerische Betreuung zu Hause nicht zu 100 % gewährleistet ist.

Leitbeschwerden

  • Mundtrockenheit
  • Eingerissene, spröde Mundwinkel
  • Pergamentartige, trockene Haut
  • Weißlich-bräunlich belegte Zunge
  • Raue Stimme
  • Unruhe, Konzentrationsschwäche
  • Verwirrtheit (was eine „akute“ Demenz vortäuschen kann)
  • Sinkende und dunkel gefärbte Urinmenge (unter 1,5 l pro Tag)
  • Herzrasen.

Die Erkrankung

Die tägliche Wasserbilanz des gesunden Erwachsenen. Im Krankenhaus wird die Wasser- oder Flüssigkeitsbilanz (Bilanzierung) sorgfältig durch Gegenüberstellung von Ein- (blau) und Ausfuhr (gelb) protokolliert. Im Heim und zu Hause ist dies schwierig, aber durchaus möglich: So kann man durch Wiegen vor und nach dem Wasserlassen die ungefähre Wasserausfuhr abschätzen.

Die tägliche Wasserbilanz des gesunden Erwachsenen. Im Krankenhaus wird die Wasser- oder Flüssigkeitsbilanz (Bilanzierung) sorgfältig durch Gegenüberstellung von Ein- (blau) und Ausfuhr (gelb) protokolliert. Im Heim und zu Hause ist dies schwierig, aber durchaus möglich: So kann man durch Wiegen vor und nach dem Wasserlassen die ungefähre Wasserausfuhr abschätzen.

Der Mensch besteht zu zwei Dritteln aus Wasser. Der Wasserhaushalt gewährleistet, dass dieser Wasseranteil im Körper konstant bleibt. Er benötigt dazu täglich ~ 2,6 l Wasser; 1,5–2 l davon in Form von Flüssigkeit. Die Ausscheidung erfolgt weitgehend über die Nieren, kleinere Wassermengen werden auch über den Schweiß und die Lunge (als Wasserdampf) abgegeben. Ist der Wasserhaushalt im Gleichgewicht, sind die Aufnahme von Wasser, die Bildung von Wasser im Körper und die Ausscheidung ausgeglichen. Vor allem die Nieren erhalten dieses Gleichgewicht aufrecht und regulieren die Wassermenge. Adiuretin (antidiuretisches Hormon, ADH), ein Hormon aus der Hypophyse, steuert diesen Vorgang. Ist der Wasserhaushalt gestört, trocknet der Organismus entweder aus oder er überwässert. Lagert sich Flüssigkeit im Gewebe ein, entstehen Ödeme.

Mit zunehmendem Alter sinkt das Trinkbedürfnis, weil das Durstgefühl nachlässt; die Gründe sind nicht bekannt. So vergessen ältere Menschen oft einfach, genügend zu trinken. Aber auch aus Angst vor unkontrolliertem Urinverlust beschränken viele ältere Menschen das Trinken auf das Nötigste.

Das Missverhältnis zwischen Flüssigkeitsaufnahme und -verlust hat Auswirkungen auf Herzfrequenz, Körpertemperatur und Großhirnfunktion (erhöhte Reizbarkeit und Bewusstseinstrübung). Da die Blase nicht mehr regelmäßig gespült wird, steigt auch das Risiko für Blasenentzündungen.

Fieber, Durchfall und Erbrechen erhöhen das Risiko einer Austrocknung. Sie lassen den Bedarf an Flüssigkeit stark ansteigen und können sehr schnell auch bei normal ernährten Menschen zu einer lebensbedrohlichen Austrocknung führen. Nicht selten führt auch eine Behandlung mit Diuretika unbemerkt zur Austrocknung.

Unterstützung durch Angehörige

Um die täglich notwendige Trinkmenge von mindestens 2,5 l zu erreichen, helfen folgende Maßnahmen:

  • Beobachten Sie das Trinkverhalten des Betroffenen und entwickeln Sie mit ihm einen Trinkplan.
  • Stellen Sie die erforderlichen Trinkrationen in Sichtweite bereit: z. B. ein Glas Wasser auf dem Nachtisch, das direkt nach dem Aufstehen getrunken wird, nach dem Frühstück eine Kanne Tee oder Saft, die bis zum Mittagessen geleert sein sollte, eine weitere Kanne für nachmittags usw.
  • Bei Trinkbeschwerden erleichtern Strohhalme oder Schnabeltassen die Flüssigkeitsaufnahme.
  • Frische Fruchtsäfte regen die Trinklust an und enthalten lebenswichtige Mineralien und Vitamine.
  • Früchte mit hohem Flüssigkeitsgehalt (z. B. Melonen oder Weintrauben) sind manchmal eine gute Alternative zu Säften oder Tee. Auch Milch-, Gemüse- und Fleischsuppen sind gute Flüssigkeitsspender.
  • Kaffee und schwarzer Tee sind erlaubt. Nach 17 Uhr führen sie allerdings nicht selten zu (Ein-)Schlafstörungen.
  • Alkoholhaltige Getränke wie 1–2 Gläser Bier oder Weißwein am Abend sind in Ordnung. Im hohen Lebensalter hat die Restriktion des Alkoholkonsums keine Priorität. Es kommt lediglich darauf an, dass die Leber keine Schäden davonträgt. Der Hausarzt kann das durch einen einfachen Bluttest, z. B. durch Bestimmung der Gamma-GT leicht prüfen.

Ein Zielkonflikt besteht, wenn der Arzt die Trinkmenge aus medizinischen Gründen limitiert, z. B. bei Herzinsuffizienz oder Nierenschwäche. Diese Anordnung ist oft eine Gratwanderung zwischen dem, was dem Körper an Flüssigkeitsbelastung erspart werden soll und dem, was der Körper trotzdem zum Leben braucht. Eine ärztlich verordnete Trinkmenge sollte deshalb weder über- noch unterschritten werden – und auf 10 % genau eingehalten werden.

Dekubitus

Dekubitus (Druckgeschwür, Wundliegen, Dekubitalulkus, Dekubitalgeschwür): Schlecht heilende Wunde infolge Minderdurchblutung der Haut mit oberflächlichen oder tiefen Gewebedefekten (Geschwüren) in Haut und Unterhaut. Bei älteren, bettlägerigen Menschen meist Folge des über Monate bis Jahre einwirkenden Auflagedrucks auf bestimmte Hauptpartien.

Die Erkrankung

Eine Verletzung der Haut durch einen Dekubitus ist eines der folgenschwersten und am meisten verbreiteten Probleme bettlägeriger Menschen. Experten schätzen, dass bis zu 30 % der zu Hause betreuten Patienten und 50 % der alten Menschen in Pflegeheimen und geriatrischen Kliniken zumindest zeitweise an einem Dekubitus leiden. Die meisten dieser schmerzhaften Druckgeschwüre entstehen am Kreuzbein und an den aufliegenden Fersen.

In der Regel spüren wir, wenn eine Entlastung des Gewebes angesagt ist, und ändern unsere Lage im Liegen oder Sitzen. Das passiert normalerweise automatisch, z. B. dann, wenn wir auf einem harten Stuhl sitzen und sich ein Unbehaglichkeits- oder gar ein Schmerzgefühl bemerkbar macht. Ein bewegungseingeschränkter, kranker Mensch kann jedoch nicht mehr selbstständig für diese Druckentlastung sorgen und ist so erheblich dekubitusgefährdet.

Wenn die Durchblutung und Sauerstoffversorgung der Haut zu lange durch Druck behindert wird, stirbt das Gewebe ab. Druck von außen entsteht z. B., wenn ständig eine Falte im Bettlaken auf die Haut drückt oder ein Körperteil an die Bettkante gedrückt wird. Druck von innen entsteht, wenn Menschen auf Körperteilen liegen oder sitzen, an denen ihre Knochen ohne Muskel- oder Fettpolster direkt unter der Haut liegen. In Rückenlage lastet so besonderer Druck auf dem Gesäß (Kreuz- und Steißbein), auf den Fersen, den Ellenbogen, den Schulterblättern und auf dem Hinterkopf.

Ein Dekubitus entwickelt sich vom Gewebeinneren nach außen. Wenn ein weißer oder roter Fleck an aufliegenden Körperstellen sichtbar wird und bei Druckentlastung nicht innerhalb weniger Sekunden verschwindet , ist höchste Aufmerksamkeit geboten. Werden erste Anzeichen eines Druckgeschwürs nicht behandelt, breitet es sich rasch in tiefe Gewebeschichten aus und führt zu Entzündungen, die als Rötungen und Blasenbildungen erkennbar sind. Ist das Gewebe abgestorben, färbt sich die Hautstelle dunkelblau bis schwarz, und es bildet sich ein Krater – der Dekubitus ist entstanden.

Das macht der Arzt

Je früher ein Dekubitusrisiko erkannt wird, desto schneller können geeignete Hilfsmittel verordnet werden. Arzt und Pflegepersonen können Sie in der Vorbeugung beratend unterstützen.

Wird ein Dekubitus nicht rechtzeitig behandelt, stirbt das Gewebe immer weiter ab, bis sich ein tiefes Geschwür (Ulkus) bildet. Wenn das Ulkus sich infiziert, und die Bakterien sich in den umgebenden Weichteilen ausbreiten, besteht sogar Lebensgefahr.

Glücklicherweise sind die Chancen für eine erfolgreiche Dekubitustherapie durch die heutigen Feuchtverbände (Hydrokolloidverbände) viel besser als noch vor 15 Jahren, wo ein Druckgeschwür oft monatelang offen blieb (oder der Patient an den Komplikationen verstarb). Die engmaschige Behandlung und Kontrolle eines vorhandenen Dekubitus liegt in den Händen des Hausarztes. Bei aufwendigen Wundversorgungen oder täglich notwendigen Verbandwechseln übernehmen ambulante Pflegedienste die Versorgung.

Unterstützung durch Angehörige

Druck ist das Hauptrisiko für die Entstehung eines Dekubitus. Darum gilt es, den Druck zu reduzieren. Folgende Maßnahmen wirken dem Dekubitus entgegen:

  • Aktivieren und Mobilisieren geht vor Lagern: Jede Bewegung, die vom Betroffenen selbstständig ausgeführt wird, unterstützt die Druckentlastung und mindert so das Dekubitusrisiko. Lassen Sie den Betroffenen z. B. regelmäßig aus dem Bett aufstehen, um die Mahlzeiten am Tisch einzunehmen. Auch das eigenständige Aufsetzen und Halten der Tasse gehört dazu. Und es gibt zahlreiche Übungen, die auch im Bett durchgeführt werden können, z. B. das Anspannen der Gesäßmuskulatur oder das Beinanwinkeln.
  • Häufige Umlagerung: Um eine einseitige Druckbelastung zu vermeiden, muss der Patient regelmäßig umgelagert werden. Die Abstände sollten individuell festgelegt werden – z. B. alle zwei Stunden.
  • Vermeiden von typischen Lagerungsfehlern: Die Fersen sind unbedingt frei zu lagern, indem z. B. ein Kissen unter die Unterschenkel gelegt wird. Sanitätshäuser bieten eine Fülle von Weichlagerungskissen an, die die Druckentlastung durch das Freilagern von Körperteilen ermöglichen.
  • Antidekubitusmatratzen verringern das Dekubitusrisiko tatsächlich. Die Wechseldruckmatratze z. B. sieht aus wie eine übergroße Luftmatratze und wird auf die eigentliche Bettmatratze gelegt. Eine in der Matratze integrierte Pumpe bläst dann abwechselnd Luft in die Kammern. Das Körpergewicht wird so einerseits von den luftgefüllten Kammern getragen, und der normalerweise entstehende Auflagedruck wird durch das Ablassen der Luft immer wieder reduziert. Bei der Low-air-loss-Therapie, einem Wechseldrucksystem, bei dem Luft verloren geht, strömt aus den Matratzenkammern ständig geringfügig angewärmte Luft. Durch den Luftstrom wird der Betroffene in einer Art Schwebezustand gehalten, und der Auflagendruck wird verringert.

Hilfsmittel gegen Dekubitus werden von den Krankenkassen bezahlt, wenn aufgrund von Krankheit oder Behinderung dauerhaftes Liegen erforderlich ist, das zu einem erhöhten Dekubitusrisiko führt. Voraussetzungen dafür sind eine ärztliche Verordnung, ein Antrag sowie eine nachweisliche Einschätzung des Risikos.

Vorsorge

Bei der Körperpflege sollten die Angehörigen darauf achten, ob die Haut weiße Flecken oder Rötungen aufweist. Liegt eine Rötung vor, gibt der Fingertest (Fingerdrucktest) einen Hinweis, ob es sich um einen beginnenden Dekubitus handelt. Dazu mit einem Finger auf die Rötung drücken. Bei gesunder Haut verfärbt sich die Stelle erst weiß, anschließend wieder rot. Besteht ein Dekubitus, bleibt die Stelle durchgängig rot. Durch Schweiß oder Urin häufig feuchte Haut ist besonders gefährdet. Durchnässte Kleidung oder Wäschestücke müssen umgehend gewechselt werden. Verwenden Sie zum Waschen lauwarmes Wasser und Seifen oder Duschlotionen, die einen hohen Anteil an rückfettenden Bestandteilen haben und den schützenden Säuremantel nicht beeinträchtigen (z. B. Eucerin®- oder Sebamed®-Produkte). Anschließend wird die Haut gründlich abgetrocknet und mit einer Pflegecreme eingecremt. Wenn Sie nicht sicher sind, welche Creme für den Hauttyp Ihres Angehörigen die richtige ist, fragen Sie Ihren Hausarzt. Um zu vermeiden, dass der Patient stark schwitzt, empfiehlt sich atmungsaktive Bett- und Unterwäsche mit einem hohen Baumwollanteil. Spannen Sie zusätzlich ein Moltontuch über das normale Bettlaken, das Flüssigkeiten aufsaugt und bei (leichter) Verunreinigung schnell gewechselt werden kann.

Zur Dekubitusprophylaxe gehört vor allem aber auch die regelmäßige Kontrolle, ob Falten im Bettzeug sind oder liegen gelassene Gegenstände und Bettkanten auf die Haut drücken.

Eine Fülle hartnäckig kursierender Tipps gegen Dekubitusbildung schaden mehr als sie nützen. Dazu gehören:

  • Kühlen und Föhnen oder Massage zur Durchblutungsförderung. Diese waren mal in Mode. Untersuchungen haben aber bewiesen, dass sie den Zustand belasteter Haut verschlimmern.
  • Einreibungen mit alkoholhaltigen Lösungen wie Franzbranntwein entfetten die Haut und machen sie rissig.
  • Dicke Pasten zum Hautschutz erschweren die Beobachtung der Haut. Auch von hautfärbenden Lösungen wird abgeraten, weil auch sie eine Inspektion der Haut fast unmöglich machen.
  • Ebenso ungünstig ist die Behandlung mit Melk- oder Wollfetten. Sie verschließen Hautporen und weichen vorgeschädigtes Gewebe auf.
  • Das Pudern gefährdeter Hautbezirke ist umstritten. Die Partikel binden zwar Feuchtigkeit, was erwünscht ist, doch wenn die Partikel nicht fein genug ausgestrichen werden und „klumpen“, schädigen sie die Haut ebenso wie Brotkrümel im Bett.
  • Fersen- und Ellenbogenschoner aus Fell haben keinen Effekt; auch Watteverbände zum Polstern reichen nicht aus.
  • Mit Luft gefüllte Gummiringe als Kreuzbeinschutz schränken die Beweglichkeit des Betroffenen ein und schaden der Haut durch den entstehenden Wärmestau.
  • Gummi- und Plastikunterlagen sind zu vermeiden, weil die Patienten auf ihnen schwitzen und so die Haut feucht wird.
  • Statische Auflagen oder Matratzen, die permanent mit Luft gefüllt sind, drücken ebenso wie die Luftmatratze beim Camping und entlasten nicht.

Weiterführende Informationen

  • www.dekubitus.de – Institut für angewandte Pflegeforschung e. V., Bremervörde: Verständliche und praxisorientierte Fachinformationen.
  • www.rki.de – Website des Robert-Koch-Instituts, Berlin: Bietet Themenheft 12 zu Dekubitus unter der Rubrik Gesundheitsberichterstattung, Stichwortsuche Dekubitus, zum Herunterladen – mit allem, was man wissen sollte.
  • A. Fuchs: Dekubitus. Risikofaktoren – Prophylaxe – Therapiemöglichkeiten. Kohlhammer, 2004. Fachbuch auch für pflegende Angehörige.

Demenz

Demenz (chronische Verwirrtheit): Organisch bedingter, unumkehrbarer Verlust von geistigen Fähigkeiten mit fortschreitenden Gedächtnis-, Denk- und Wahrnehmungsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen und körperlichem Abbau.

In Deutschland leben derzeit mehr als eine Million überwiegend ältere Demenzkranke, wobei die Alzheimer-Demenz (Alzheimer-Krankheit) und die vaskuläre Demenz (gefäßbedingte Demenz) am häufigsten sind. Die Demenz ist bis heute unheilbar und führt über teils jahrelange Pflegebedürftigkeit zum Tod des Kranken.

Die Demenz ist keine normale Alterserscheinung. Sie ist immer eine Erkrankung, deren wichtigster Risikofaktor allerdings das Alter ist. Leiden etwa 3 % der 70- bis 74-Jährigen an einer Demenz, so sind es bei den 80- bis 84-Jährigen schon über 13 % und bei den über 90-Jährigen etwa 35 %. Schätzungen gehen deshalb davon aus, dass sich die Zahl Demenzkranker in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten auf über 2 Millionen erhöhen wird. Dies stellt den Einzelnen, seine Familie, das Gesundheitssystem und die Gesellschaft vor enorme Herausforderungen.

Neben dem Lebensalter wurden inzwischen zwei weitere unabhängige Risikofaktoren identifiziert: Übergewicht und Diabetes.

Die Demenz ist abzugrenzen von der akuten Verwirrtheit, die die gleichen Symptome hat, aber prinzipiell umkehrbar ist.

Leitbeschwerden

Die Leitbeschwerden müssen über mindestens sechs Monate bestehen:

  • Gedächtnisstörungen, wobei zunächst das Kurzzeitgedächtnis, also die Merkfähigkeit und Wiedergabe neuer Informationen betroffen ist
  • Beeinträchtigtes Urteils- und Problemlösungsvermögen, zuerst in komplexen, später auch in einfachen Situationen
  • Zeitliche und räumliche Orientierungsstörungen, Personen – auch nahe Verwandte – werden schließlich nicht mehr erkannt.
  • Sprach- und Wortfindungsstörungen
  • Unkonzentriertheit.

Stimmungsänderungen:

  • Passivität und Interesselosigkeit
  • Angst und Ängstlichkeit, weil vieles nicht mehr erkannt wird
  • Unangemessene Emotionen (emotionale Inkontinenz), wie plötzliche Aggression oder unbegründete Traurigkeit.

Verhaltensänderungen:

  • Reizbarkeit (vor allem bei Überforderung), Unruhe, Rückzugsverhalten
  • Sammelleidenschaft, Verstecken oder Verlegen von Gegenständen
  • Mehrfaches Wiederholen von Fragen, Sätzen oder Handlungen
  • Bewegungsdrang und -störung
  • Harn- oder Stuhlinkontinenz.

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn Sie bei sich oder Ihrem Angehörigen eine oder mehrere der Leitbeschwerden bemerken.

In den nächsten Tagen, wenn sich die geistigen Fähigkeiten rasch verschlechtern.

Die Erkrankung

Weltbekannte Persönlichkeiten rücken das Thema Demenz immer (wieder) ins Licht der Öffentlichkeit. Ronald Reagan bekannte sich 1994 offen zu seiner Krankheit, an der er 2004 starb. Auch der Geiger Helmut Zacharias, der Politiker Herbert Wehner, der Ben-Hur-Darsteller Charlton Heston oder die Schriftstellerin Iris Murdoch litten an einer Alzheimer-Demenz.

Die Demenz ist keine einheitliche Erkrankung, sondern ein komplexes Beschwerdebild, dem unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen – korrekt wäre deshalb der Begriff Demenzsyndrom. Mit etwa 55 % aller Fälle ist die Alzheimer-Demenz am häufigsten. An zweiter Stelle steht die vaskuläre (gefäßbedingte) Demenz (~ 20 %). Mischformen beider Demenzen machen etwa 15 % aus.

Alzheimer-Demenz

Der Name des Arztes Alois Alzheimer (1864–1915) steht für eine Erkrankung, bei der die Lebensuhr scheinbar rückwärts läuft. Betroffene sind wie in sich selbst versunken. Es scheint, als hätten sie sich selbst „verloren“. Alzheimer protokollierte diesen Zustand erstmals im Jahr 1901 bei einer 51-jährigen Frau namens Auguste Deter: „Wie heißen Sie?“ „Auguste.“ – „Familienname?“ „Auguste.“ – „Wie heißt Ihr Mann?“ „Ich glaube … Auguste.“

Die Ursachen der Alzheimer-Demenz sind nach wie vor unklar. Genetische Faktoren spielen eine Rolle und sind Gegenstand intensiver Forschungen. So haben etwa Menschen mit einer bestimmten Genform für das Apolipoprotein E (ein Fette transportierendes Eiweiß im Blut) ein erhöhtes Risiko für eine Alzheimer-Demenz. Erbliche Formen der Alzheimer-Demenz sind jedoch selten. Hauptrisikofaktor der Alzheimer-Demenz ist das Lebensalter.

Veränderungen im Gehirn beginnen schon Jahre (möglicherweise Jahrzehnte) vor den ersten Beschwerden. Sie beginnen offenbar in den für Gedächtnisbildung und Sprache zuständigen Hirnarealen und breiten sich dann aus, bis sie schließlich das gesamte Großhirn betreffen. In den Nervenzellen lagern sich krankhafte Tauproteine in Form von Neurofibrillenbündeln ab (die normalen Tauproteine sind Eiweißmoleküle, die die Transportkanäle innerhalb der Nervenzellen stabilisieren). Zwischen den Nervenzellen sammelt sich ein unlösliches Eiweiß, das Beta-Amyloid (β-Amyloidpeptid, kurz Amyloid). Es entsteht durch Spaltung aus dem Amyloidvorläuferprotein (Amyloid-Precursor-Protein, APP), das nach heutigem Kenntnisstand für die Kontaktbildung zwischen den Nervenzellen eine Rolle spielt. Beide Vorgänge führen zu einem Untergang von Nervenzellen und damit zur Schrumpfung des Gehirns (Hirnatrophie). Das Amyloid kann sich zudem um die Blutgefäße ablagern und so zu Ernährungsstörungen der Nervenzellen führen. Auch Entzündungszeichen sind nachweisbar; ihre Bedeutung für die Krankheitsentstehung ist aber noch unklar.

Durch Funktionsstörung und Untergang von Nervenzellen ändert sich außerdem der Botenstoffhaushalt im Gehirn. Insbesondere kommt es zu einem Mangel an Acetylcholin (Signalmolekül, das für das Gedächtnis von besonderer Bedeutung ist) und zu einem Überschuss an Glutamat. Die Beschwerden beginnen bei der Alzheimer-Demenz schleichend, in aller Regel nach dem 60. Lebensjahr. Typischerweise bleibt die Persönlichkeit des Kranken lange erhalten. Im Durchschnitt wird Alzheimer erst im vierten Jahr nach Auftreten der ersten Symptome diagnostiziert. Die Erkrankung führt immer zum fortschreitenden geistigen Abbau und zum körperlichen Verfall und endet etwa neun Jahre nach Beginn der Beschwerden mit dem Tod.

Vaskuläre Demenz

Der vaskulären Demenz liegen Gefäßerkrankungen zugrunde:

  • Bei der Multiinfarkt-Demenz führen viele kleine Schlaganfälle bei Arteriosklerose zu kaum sichtbaren Leistungsverlusten; sie bleiben daher meist unbemerkt. Sie schädigen in ihrer Gesamtheit das Gehirn aber so stark, dass es schließlich zum Bild der Demenz kommt.
  • Auch einzelne Schlaganfälle, die besonders wichtige Stellen im Gehirn treffen, können zu einer vaskulären Demenz führen.
  • Eine dritte Ursache der vaskulären Demenz ist die Binswanger-Erkrankung. Bei dieser führt ein langjähriger Bluthochdruck zur Schädigung und zum Funktionsausfall vieler kleinster Arterien im Gehirn. In den von diesen Arterien versorgten Hirnarealen kommt es zum Gewebeuntergang.

Kranke mit einer vaskulären Demenz zeigen typischerweise schon früh ausgeprägte Persönlichkeits- und Stimmungsveränderungen; der Krankheitsverlauf ist eher schritt- oder schubweise als schleichend. Werden die Gefäßrisiken beseitigt, muss der geistige Abbau nicht zwangsläufig weiter fortschreiten.

Andere Demenzformen

Nur bei etwa 10 % der Demenzkranken ist die Demenz auf andere Ursachen zurückzuführen, z. B. auf eine frontotemporale Demenz (Pick-Krankheit). Sie heißt so, weil die Abbauvorgänge hier vor allem den Stirn- und Schläfenlappen betreffen. Die Krankheit zeigt sich meist schon um das 50. Lebensjahr. Typischerweise treten Verhaltensänderungen (vor allem Unzuverlässigkeit, Taktlosigkeit, Aggressivität) früh und Gedächtnisstörungen erst spät auf.

Weitere Demenzursachen sind die Parkinson-Krankheit, die Huntington-Krankheit und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.

Eine US-amerikanische Studie hat gezeigt, dass auch Patienten mit Typ-2-Diabetes ein erhöhtes Risiko haben, an Demenz zu erkranken. Schuld daran sind akute Unterzuckerungen, die bei schlecht eingestellter Insulin-Medikation vorkommen. Nach einem solchen Vorfall ist das Demenzrisiko bereits um 26 % erhöht, nach zwei sogar um 80 %. Außerdem können noch eine Vielzahl weiterer Erkrankungen Hirnleistungsstörungen hervorrufen, z. B. ein Normaldruckhydrozephalus, eine chronische Subduralblutung oder Gehirntumoren.

Das machen Arzt, Pflegende und andere Therapeuten

Es beginnt meist damit, dass den Angehörigen und (seltener) auch dem Kranken selbst auffällt, dass „der Kopf irgendwie nicht mehr in Ordnung ist“. Und hier fangen die Probleme schon an. Wie damit umgehen? Offen darüber reden und früh testen lassen? Oder angesichts der eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten und der schlechten Prognose doch lieber so lange wie möglich tun, als ob nichts wäre? Die Tendenz geht heute eindeutig zu einem offenen Umgang mit frühzeitigen Tests und Aufklärung des Patienten, sofern dies sein Wunsch ist. Sehr viele Betroffene empfinden die Ungewissheit als äußerst quälend, sodass Nichtaufklärung nicht unbedingt Schonung des Patienten bedeutet. Zu bedenken ist außerdem, dass viele Entscheidungen, auch finanzieller und rechtlicher Art (z. B. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung) nur in der Frühphase einer Demenz noch mit dem Kranken zusammen möglich sind. Bei Nichtaufklärung hat der Kranke keine Chance, über sich selbst zu bestimmen. Manche Betroffene leugnen jedoch ihre Probleme und gehen auf keinerlei Gesprächsangebot seitens der Angehörigen oder des Arztes ein. Diese Haltung sollte ebenfalls akzeptiert werden, denn es gibt auch ein Recht auf Nichtwissen.

Diagnosesicherung. Neben dem Gespräch mit dem Patienten und seinen Angehörigen hilft es dem Arzt zu wissen, wie Menschen den Patienten beurteilen, die ihn länger nicht gesehen haben, da diesen Veränderungen oft eher auffallen. Zu dieser ersten Bestandsaufnahme gehört immer auch eine gründliche Durchsicht der eingenommenen Medikamente, da zahlreiche Medikamente die Hirnleistung verschlechtern können. Eine eingehende körperliche Untersuchung deckt z. B. neurologische Auffälligkeiten auf, die bei der Alzheimer-Demenz selten, bei den anderen Formen der Demenz aber häufig sind.

Objektivieren lassen sich Gedächtnis und Denkvermögen durch standardisierte Tests. Suchtests, z. B. der Mini-Mental-Status-Test (MMST) oder der DemTect dauern 15–30 Minuten und sind beim Hausarzt, Neurologen oder in speziellen Gedächtnissprechstunden oder -ambulanzen möglich. Bei Bedarf werden sie durch aufwendigere Tests ergänzt.

Blutuntersuchungen (mit Bestimmung des Vitamin-B12- und Folsäurespiegels sowie der Schilddrüsenhormone), eine Teststreifenuntersuchung des Urins, EKG und CT bzw. Kernspin des Kopfs gelten als Minimalprogramm, um behandelbare Ursachen auszuschließen. Insbesondere das Kernspin gibt Hinweise darauf, ob eine Alzheimer- oder eine vaskuläre Demenz wahrscheinlich ist.

Weitergehende Untersuchungen schließen sich je nach Einzelfall an, z. B. ein Ultraschall der Halsgefäße bei Verdacht auf vaskuläre Demenz oder eine Liquoruntersuchung, um Entzündungen auszuschließen, gegebenenfalls mit Bestimmung von Tauproteinen und Amyloidpeptid. Das Positronenemmissionstomogramm (PET) erlaubt eine weitere Differenzierung, kann aber nur in wenigen Krankenhäusern durchgeführt werden.

Zweifelsfälle. Manchmal zeigen die Tests eine leichte Verminderung der geistigen Fähigkeiten, die Alltagsfähigkeiten sind aber nicht eingeschränkt. Diese diagnostische Grauzone heißt leichte kognitive Störung. Hier kann nur die weitere Beobachtung zeigen, ob die geistigen Fähigkeiten stabil bleiben, oder ob es sich um das Frühstadium einer Demenz handelt.

Auch Demenz und Depression sind bisweilen kaum voneinander zu trennen. Viele Demenzkranke haben depressive Verstimmungen, und umgekehrt klagen viele depressive Menschen über eine Verschlechterung ihrer geistigen Fähigkeiten, sodass hierfür der Begriff Pseudodemenz bei Depression (Scheindemenz) geprägt wurde. Ist eine Diagnose nicht zweifelsfrei möglich, wird zunächst die Depression medikamentös behandelt.

Differenzialdiagnose

Wichtig ist die Abgrenzung der Demenz von der Altersvergesslichkeit, heute etwas feiner als alters-assoziierte Gedächtnisstörung bezeichnet. Aber wo ist die Grenze zwischen „normaler“ Altersvergesslichkeit und beginnender Demenz? Eine beginnende Demenz könnte vor allem vorliegen, wenn:

  • Die Gedächtnisstörungen „anders“ sind als früher, sich die Brille beispielsweise nicht im Bad, sondern im Kühlschrank wiederfindet, Erlebnisse komplett vergessen werden und auch Notizzettel nicht mehr helfen
  • Weitere Auffälligkeiten hinzukommen, z. B. undeutliches Sprechen und häufiges „Faden verlieren“, Probleme bei den Bankgeschäften oder Gebrauchsanweisungen, aber auch Ungeschicklichkeiten und Persönlichkeitsveränderungen
  • Die Störungen den beruflichen und häuslichen Alltag beeinträchtigen.

Verlauf einer Demenz in der Zeitachse. Besonderheit dieser schweren Erkrankung ist die bis über 20 Jahre umfassende präklinische Phase. In dieser nehmen messbare Hirnleistungsdefizite langsam zu, können aber noch kompensiert werden.

Verlauf einer Demenz in der Zeitachse. Besonderheit dieser schweren Erkrankung ist die bis über 20 Jahre umfassende präklinische Phase. In dieser nehmen messbare Hirnleistungsdefizite langsam zu, können aber noch kompensiert werden.

Medikamentöse Therapie. Lässt sich eine Grunderkrankung feststellen, wird diese therapiert. Bei 90 % der Betroffenen ist dies jedoch nicht der Fall. Die medikamentöse Behandlung besteht dann aus drei Teilen:

  • Die bei älteren Menschen häufig auftretenden internistischen Erkrankungen, z. B. Herzschwäche oder Bluthochdruck, werden konsequent behandelt, um eine hierdurch verursachte Durchblutungsstörung mit Verschlechterung der Hirnfunktion zu vermeiden. Ganz besonders wichtig ist dies bei einer vaskulären Demenz. Medikamente, die die Hirnleistung verschlechtern können, werden – wenn möglich – weggelassen oder durch andere Medikamente ersetzt.
  • Medikamente zur Verbesserung der Gehirnleistung (Antidementiva) werden in Fach- wie Laienpresse kontrovers diskutiert.
  • Auch bei gesicherter Demenz sollten schwere depressive Verstimmungen medikamentös behandelt werden. Im Krankheitsverlauf ist es außerdem oft nicht zu umgehen, Medikamente gegen besonders belastende Verhaltensweisen zu verabreichen, z. B. Risperdal® gegen Unruhe, Aggressionen oder Wahnvorstellungen oder Dipiperon® gegen Schlafstörungen.

Milieutherapie

Da die heute verfügbare medikamentöse Therapie eine Demenz nicht heilt und auch den Alltag für den Kranken und seine Bezugspersonen nicht erleichtert, kommt vor allem der Milieutherapie (Milieugestaltung) eine große Bedeutung zu. Dazu gehört die Schaffung eines konstanten Umfelds durch möglichst gleichbleibende Bezugspersonen, konstante Tagesabläufe, gleichbleibende Aufenthaltsorte und die Vermeidung von Gefahren. Dies heißt:

  • Die Aufenthalts- oder Wohnräume sind übersichtlich, bieten ausreichend Bewegungsfreiheit und sind frei von gefährlichen Gegenständen wie spitzkantigen Schränken oder Klappstühlen. Als Beleuchtung empfiehlt sich helles, warmes Licht (keine Neonröhren). Auch die bekannten Lieblingsfarben sollten sich in den Räumen wiederfinden, z. B. in Bildern, Vorhängen oder Tagesdecken. Ist ein Umzug ins Pflegeheim notwendig, bieten dem Kranken seit langem ans Herz gewachsene Gegenstände wie Urlaubssouvenirs oder selbst geknüpfte Teppiche, die an der Wand hängen sollten (auf dem Boden liegende kleine Teppiche - sind Stolperfallen). Orientierungshilfen und bewirken im vorerst fremden Heimzimmer ein Gefühl von „zu Hause“. Persönliche Gegenstände und damit verbundene Erinnerungen sind wichtig, auch wenn der Betroffene zunächst den Eindruck erweckt, dass er diese ignoriert.
  • Tagsüber vermitteln vertraute Abläufe, z. B. feste Schlafens- und Aufwachzeiten, der Vormittagsspaziergang oder das nachmittägliche Kaffeetrinken ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Rituale helfen bei der Tagesstrukturierung; das kann z. B. auch ein Lied sein, das immer gemeinsam vor den Mahlzeiten gesungen wird. Die Tagesstruktur sollte von den Gewohnheiten und Bedürfnissen des Kranken und nicht von den Vorstellungen der Betreuenden geprägt sein.
  • Alltagsrisiken werden minimiert. Beispielsweise elektrische Geräte nur gemeinsam mit einem Betreuer benutzen oder steile Kellertreppen sichern bzw. notfalls ganz meiden.

Biografiearbeit

Wer die Biografie von Demenzkranken kennt – Herkunft, Kindheitserlebnisse, Freundschaften, Beziehungen, Vorlieben, Eigenschaften – kann ihr Verhalten und die damit verbundenen Bedürfnisse manchmal besser verstehen und verständlicher darauf reagieren. Die Biografie ist oft der Schlüssel zu noch vorhandenen Fähigkeiten, die es zu fördern gilt, damit sie möglichst lange erhalten bleiben. Viele Demenzkranke

  • Singen gern und erinnern sich häufig an Lieder- und Gedichtstrophen aus ihrer Kindheit. Sie können diese problemlos auswendig vortragen. Singen ist aber auch ein gutes Ablenkungsmittel in angespannten Situationen und kann bei Ritualen helfen, etwa dem Schlafengehen, das z. B. mit einem Abendlied eingeleitet wird.
  • Verlernen oft nicht die Fähigkeiten, die sie in früheren Zeiten erworben haben, z. B. Klavierspielen, Tanzen oder Schreibmaschineschreiben. Diese Fähigkeiten sollten so lange wie möglich gefördert werden.
  • Nehmen Düfte wahr und lassen sich durch sie zu Erinnerungen anregen. Kaffeeduft, Zigarrenrauch oder das (frühere) Lieblingsparfüm rufen manchmal schöne Erlebnisse wach.

Überforderung trainiert nicht, sondern führt dem Kranken nur seine Defizite vor Augen, macht ihn ratlos und verursacht Stress, wodurch sich die Gehirnleistung weiter verschlechtert. Gedächtnistraining oder „Gehirnjogging“ sind wenig und allenfalls im Frühstadium hilfreich.

Unterstützung durch Angehörige

Den Angehörigen kommt in der Welt des Demenzkranken eine zentrale Bedeutung zu. Gut zwei Drittel aller Kranken werden zu Hause von der Familie betreut, unter für Außenstehende oft kaum nachvollziehbaren Belastungen. Um an diesen Belastungen nicht zu zerbrechen, sollten sich Angehörige rechtzeitig über den Krankheitsverlauf informieren. Dazu können sie Beratungsstellen oder Pflegekurse besuchen, die häufig auch von Krankenkassen finanziert werden. Dort bekommen sie Praxistipps, können sich mit anderen Betroffenen austauschen und Rat finden.

Mit Demenzkranken richtig umgehen. „In mir passt nichts zusammen“, sagt eine Frau verwundert zu ihrer Tochter und drückt damit aus, wie sehr sie Veränderungen spürt, die in ihrem Inneren vorgehen, und wie sehr sie diese verunsichern, ohne dass sie sie begreifen kann. Um solche Aussagen zu verstehen, muss man ein wenig in die Welt der Demenz eintauchen. Dazu helfen folgende Gedanken:

Demenzkranke meinen, alles richtig zu machen. Wer sie verbessert, macht sie oft unsicher. Sie leiden am Verlust ihrer Autorität und spüren, wenn man sie nicht ernst nimmt oder gar über sie lacht. Die Empfehlung deshalb: Seien Sie sparsam mit Kritik. Lösen Sie wiederkehrende Alltagsprobleme lieber im Hintergrund.

Demenzkranke vertuschen ihre Unsicherheit, indem sie sich den Alltag oft „vereinfachen“. Beispielsweise ziehen sie alles an, was sie finden, weil sie die jeweilige Jahreszeit und entsprechende Temperaturen nicht mehr richtig einschätzen können. Aber auch ein Bademantel für den Gang zum Supermarkt ist für sie durchaus normal. Die Empfehlung deshalb: Legen Sie – ohne groß darüber zu reden – am Vorabend die für den Folgetag geeignete Wäsche an immer der gleichen Stelle bereit.

Demenzkranke verzweifeln, wenn sie ihre persönlichen Dinge nicht finden. Dinge, die sie selbst versteckt haben, z. B. ihr Portemonnaie, ihre Uhr oder den Wohnungsschlüssel. Besprechen Sie mit dem Kranken sichere Plätze und nennen Sie diese immer wieder. Treffen Sie Vorsorge, indem Sie z. B. einen Schlüsselfinder kaufen und zusätzlich einen Reserveschlüssel beim Nachbarn deponieren. Entfernen Sie aus dem Portemonnaie alle wichtigen Versicherungs- und Geldkarten und kaufen Sie ein neues Portemonnaie in einer auffälligeren Farbe. Ersetzen Sie die wertvolle Uhr durch eine weniger teure im gleichen Design.

Demenzkranke sprechen gern in „Gesprächsschablonen“, sodass Außenstehende oft nicht merken, wie hilflos sie sind. Genauso sind sie oft stundenlang mit ritualisierten „Tätigkeitsschleifen“ beschäftigt, wie Putz- oder Aufräumaktivitäten. Lassen Sie den Betroffenen machen, was er meint machen zu müssen – halten Sie aber am strikten Tagesablauf fest. Insbesondere feste Essenszeiten bieten eine ideale Gelegenheit, „unsinnige“ Aktivitäten zu beenden oder zumindest zu unterbrechen.

Demenzkranke haben Halluzinationen; sie hören z. B. laute Musik und strafende Stimmen. Sie haben dann häufig das Gefühl, dass mit ihnen geschimpft wird. Die Umgebung darf nicht zu reizarm sein, ein gewisses Maß an Radio und TV sind in Ordnung, weil es auch das Gehirn des Betroffenen sinnvoll beschäftigt. Und ansonsten: Immer darauf eingehen, wenn Sie um Ihre Meinung gefragt werden und immer wieder geduldig die Aussagen des Kranken richtigstellen.

Realitätsorientierungstraining. An Demenz Erkrankte wissen oft nicht, in welcher Zeit sie sich gerade befinden und driften in die Vergangenheit ab. Manchmal hilft hier das Realitätsorientierungstraining (ROT). Es bietet dem Kranken immer wieder Informationen, die ihm die Orientierung zurückgeben, z. B. durch eine gut lesbare Uhr im Wohnzimmer oder indem der Gesprächspartner den jeweiligen Wochentag in das Gespräch einfließen lässt. Solange ein Kranker Notizzettel und andere Merkhilfen nutzen will und diese als hilfreich empfindet, sollte er sie auch verwenden, auch dann, wenn es einem Gesunden als umständlich erscheint.

Demenzkranke haben einen großen Bewegungsdrang – besonders wenn sie unsicher sind und innere Unruhe verspüren. Schaffen Sie Raum für diesen Bewegungsdrang in Gärten mit Rundwegen oder Rundgängen in Wohnbereichen mit ausreichend Sitzmöglichkeiten, um sich auszuruhen. Auch zu Hause ist barrierefreies Umhergehen möglich, wenn die Türen innerhalb der Wohnung geöffnet sind und gefährliche Gegenstände aus dem Weg geräumt werden.

Die findige Ehefrau des erkrankten Herrn B. hat den Flur und die Ausgangstür der Wohnung mit einer Fototapete beklebt und davor einen Sessel gestellt. Nun ruht sich ihr Ehemann dort gerne aus, statt durch die Wohnungstür nach draußen zu verschwinden.

Nähen oder heften Sie Adresskärtchen mit der Telefonnummer in die Kleidung oder in das Portemonnaie. Mittlerweile gibt es auch Funkmelder, die Sie dem Demenzkranken um das Handgelenk binden können.

Demenzkranke sind oft aggressiv oder traurig bis depressiv. Hier ist guter Rat teuer: Das Schimpfen und die Einengung durch Bevormundung sind falsch; auch Übervorsorglichkeit ist fast immer ungünstig.

Mit Demenzkranken sprechen. Wer mit Demenzkranken spricht, sollte in einfachen Sätzen reden. Dies bedeutet aber nicht, in die „Babysprache“ zu verfallen; denn der Kranke ist trotz seiner Einschränkungen ein Erwachsener und kein Kind.

Generell gilt:

  • Kurze ganze Sätze formulieren und Pausen machen.
  • Möglichst Namen und Begriffe verwenden, die der Kranke kennt. Bildhafte Beschreibungen vermeiden (statt: "Schau mal, hast Du da nicht auch gerade eben unseren jungen Nachbarn mit dem kirschfarbenen Mantel vorbeigehen gesehen?" lieber: "Schau! Da kommt Sebastian! Er hat einen roten Mantel an.")
  • Erklären, was man gerade macht ("Ich hole Dir jetzt ein Handtuch aus dem Schrank. Damit trockne ich Dir dann Dein Gesicht ab.")
  • Fragen stellen, auf die der Betroffene eindeutig mit "Ja" oder "Nein" antworten kann. Ihm für die Antwort ausreichend Zeit lassen
  • Darauf achten, dass die Informationen für den Betroffenen in der momentanen Situation von Bedeutung sind ("Gleich gibt es Mittagessen", aber nicht: "Im Mai machen wir dann einen schönen Ausflug.")
  • Die eventuell aufkommende Enttäuschung über das von Ihnen vielleicht nicht wie gewünscht verlaufene Gespräch nicht zeigen. Wie jeder Mensch empfinden auch Demenzkranke ein abruptes Wegdrehen oder Aufstehen als verletzend.

Man kann jedoch nicht mit jedem Demenzkranken gleich kommunizieren. Das Gespräch sollte sich am Ausprägungsgrad der Krankheit orientieren.

Leichte Demenz:

  • Wichtiges am Vormittag besprechen. Dann sind Demenzkranke am aufmerksamsten.
  • In lauten Situationen ist es sinnvoll, bewusst leise zu sprechen. So lässt sich Aufregung und Nervosität verringern.
  • Zum Vermeiden von Stress und Streit auf bestimmte Reizwörter wie "nie", "trotzdem", "nicht" oder "nein" verzichten.
  • Verbote sind tabu. Besser ist es, den Patienten Vorschläge zu machen, unter denen sie auswählen können.

Mittelschwere Demenz:

  • Den Demenzkranken direkt und offen ansprechen und niemals über seinen Kopf hinweg mit einem anderen Anwesenden sprechen. Auch heimliche Gespräche sind ein Tabu. Im schlimmsten Fall wird so nur sein Misstrauen geschürt. Nicht nur verletzt es die Würde des Demenzkranken, sondern man kann auch nie abschätzen, was der Patient noch alles mitbekommt.
  • Verneinungen und Füllwörter ("nicht", "niemand", "keiner", "eigentlich", "an sich") vermeiden, da sie häufig überhört werden, besonders, wenn die Betroffenen gerade aufgeregt sind. Vom Hinweis "Keiner will Dir Böses" nimmt der Betroffene vielleicht nur den Begriff "Böses" wahr.
  • Über Wiederholungen des Gesagten nicht lachen, sondern darauf eingehen. Auch sich wiederholt vorzustellen gehört notfalls dazu.

Schwere Demenz:

  • Den Betroffenen immer von vorne nähern, damit man immer in ihrem Blickfeld ist.
  • Mit dem Sprechen erst beginnen, wenn der Demenzkranken einen gesehen hat. Auch während des Gesprächs unbedingt den Augenkontakt beibehalten.
  • Häufig ist es von Vorteil, den Betroffenen das gewünschte Verhalten wie Essen oder Waschen beispielhaft vorzumachen.
  • Die größten Chancen, verstanden zu werden, sind mit einer einfachen Sprache und Sprechweise gegeben, die durch einfache Gestik und Mimik unterstützt wird.

Vorsorge

Einen effektiven Schutz vor Demenzerkrankungen gibt es nicht. Je älter ein Mensch wird, desto höher ist das Risiko, an Demenz zu erkranken. Folgende Maßnahmen verringern aber das Risiko, sofern man früh genug damit beginnt:

Fit halten. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass geistig und körperlich aktive Menschen seltener an Demenz erkranken als inaktive. Es ist aber davon auszugehen, dass eine gewisse „Mindestdosis“ von Aktivitäten erforderlich ist. Der tägliche 5-Minuten-Blick in die Tageszeitung oder der Spaziergang zum Briefkasten reichen nicht. Nutzen Sie daher im Alltag alle Gelegenheiten, geistig und körperlich in Bewegung zu bleiben.

Versuchen Sie ebenfalls, Ihren Kopf einmal täglich herauszufordern. Das heißt nicht, sich permanent mit Gedächtnisübungen, komplizierten Rechenaufgaben oder anstrengenden Sachbüchern zu überfordern. Lösen Sie Kreuzworträtsel, legen Sie Puzzles, lesen Sie einen Roman, gehen Sie ins Kino oder ins Theater. Helfen Sie den (Enkel-)Kindern bei den Hausaufgaben, suchen Sie das Gespräch und die Diskussion mit anderen Leuten, z. B. in Cafés oder Volkshochschulkursen. Wagen Sie immer wieder etwas Neues, das Ihnen Befriedigung gibt oder Spaß macht.

Ernährung. Eine fett- und kalorienarme Ernährung reduziert das Risiko, an Demenz zu erkranken. Der Verzicht auf Kaffee oder Alkohol wirkt nach heutigem Kenntnisstand nicht vorbeugend, beides kann deshalb in Maßen genossen werden.

Medikamente. Medikamente können derzeit nicht zur Vorbeugung empfohlen werden. Es gibt Hinweise darauf, dass die gegen Fettstoffwechselstörungen eingesetzten Statine, risikomindernd wirken, bewiesen ist dies aber noch nicht. Entzündungshemmer (NSAR) haben in Studien ebenso enttäuscht wie Vitaminpräparate. Die langjährigen Hoffnungsträger Östrogene ist nicht empfehlenswert; sie erhöhen möglicherweise sogar das Demenzrisiko.

Aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Vitaminpräparate – anders als bisher angenommen – doch wirkungsvoll sind. In einer Studie mit Patienten, die an leichten kognitiven Beeinträchtigungen litten, bremste eine Kombination aus hochdosierten B-Vitaminen und Folsäure den Gehirnschwund deutlich. Damit eröffnet sich die Chance, dem Voranschreiten einer Demenz, das mit einem rapiden Gehirnschwund einhergeht, mit einer Vitamin-Therapie vorzubeugen. Der Mechanismus, der dahinter steckt: Durch den Vitamincoktail sinkt der Gehalt an Homozystein im Blut der Patienten, ein Eiweiß, das, wenn es erhöht vorliegt, ein Risikofaktor für Demenz darstellt.

Sondertext: Medikamente gegen Demenz (Antidementiva)

Komplementärmedizin

Komplementärmedizinische Maßnahmen zielen in erster Linie auf eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen, einen Einfluss auf die Abbauprozesse im Gehirn haben sie nicht. Entsprechend unbefriedigend ist auch hier die Therapie der Demenz.

Pflanzenheilkunde. Zur Verbesserung der Hirnleistung werden unzählige Substanzen empfohlen, u. a. Ginkgo-biloba-Extrakte (GBE), z. B. Tebonin®. Studien zur Wirksamkeit von Auszügen des Ginkgobaums (auch Fächerblatt- oder Frauenhaarbaum genannt) zeigten uneinheitliche Ergebnisse. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2016 konnten positive Effekte des Spezialextrakt EGb 761® bei leichter bis mittelschwerer Demenz beobachtet werden. Erforderlich war dazu eine Tagesdosis von 240 mg. Es besteht ein gewisses Blutungsrisiko, wenn Ginkgo zusammen mit Plättchen- oder Blutgerinnungshemmern eingenommen wird, wie z. B. niedrig dosierter Acetylsalicylsäure. Deshalb sollten auch rezeptfreie Ginkgo-Präparate nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt eingenommen werden.

Einige pflanzliche Präparate, z. B. Ginseng oder Knoblauch, werden ebenfalls zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit beworben. Trotz positiver einzelner Studienergebnisse gibt es für die Wirksamkeit jedoch keine überzeugenden Belege.

Orthomolekularmedizin. Abgesehen von einigen seltenen Hirnleistungsstörungen durch Vitaminmangel gibt es keinen Nachweis dafür, dass hoch dosierte Vitamingaben gegen eine Demenz wirksam sind. Anders verhält es sich mit den Nahrungsergänzungsmitteln Alpha-Tocopherol (Vitamin E), Lecithin, Dimethylaminoethanol, Phosphatidylserin und Acetyl-1-Karnitin: Hierzu liegen einige ermutigende Studienergebnisse vor, die auf eine Verbesserung insbesondere der kognitiven Leistungsfähigkeit in den frühen Stadien einer Demenzerkrankung schließen lassen.

Akupunktur. Nach Erfahrungsberichten hat die Akupunktur positive Effekte bei einigen Demenzpatienten.

Physikalische Therapie. Nicht zuletzt dank ihrer entspannenden Wirkung scheinen sich regelmäßige Massagen günstig auf Angstzustände bei Demenzpatienten auszuwirken.

Musiktherapie. In einigen auf Demenzerkrankungen spezialisierten Pflegeeinrichtungen ist die Musiktherapie inzwischen fester Bestandteil des therapeutischen Konzepts. Studien legen nahe, dass vor allem Demenzpatienten, die zu aggressivem Verhalten neigen, davon profitieren.

Weiterführende Informationen

  • www.deutsche-alzheimer.de – Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V., Berlin: Broschüren für Betroffene und Angehörige zum Herunterladen, Adressen von Selbsthilfegruppen, Gedächtnissprechstunden und verschiedenen Beratungsmöglichkeiten, Literatur- und Linkliste.
  • www.alzheimerforum.de – Alzheimer Angehörigen-Initiative e. V., Berlin: Informations- und Kommunikationsplattform mit Email-Beratung und Internet-Selbsthilfegruppen.
  • Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg): Wenn das Gedächtnis nachlässt. Ausführliche Broschüre zu Demenz und häuslicher Pflege. Zum Bestellen oder kostenlosen Herunterladen auf der dazugehörigen Website www.bmg.bund.de, Rubrik Publikationen, dann weiter bei Pflege.
  • G. Krämer: Alzheimer-Kranke betreuen. Das Wichtigste über Umgang und Pflege. Trias, 2001. Fachlich fundierter Ratgeber, gut zum Nachschlagen.
  • N. Feil: Validation in Anwendung und Beispielen. Reinhardt Verlag, 2007. Auch wenn man nicht alle Auffassungen der Autorin teilen muss, vermittelt dieses Buch eine wertvolle neue Sicht auf den verwirrten alten Menschen.
  • M. Suter: Small World. Diogenes, 2000. Eingebaut in eine Kriminalgeschichte wird aus Sicht eines Betroffenen genau und verständlich die Demenz geschildert.

Kontraktur (Gelenkversteifung)

Kontrakturen: Dauerhafte Gelenkversteifung infolge verkürzter Muskeln, Sehnen und Bänder, geschrumpfter Gelenkkapseln oder Verwachsungen an den Gelenkflächen. Funktion und Bewegung des Gelenks sind dabei irreversibel eingeschränkt. Gefährdet sind besonders (alte) Menschen durch lange Bettlägerigkeit oder unsachgemäße Lagerung, zwanghafte Schonhaltung bei Schmerzen, rheumatische Erkrankungen oder Nervenlähmungen.

Leitbeschwerden

  • Unfähigkeit zur Bewegung des kontrahierten Körperteils
  • Immobilität
  • Schmerzen

Die Erkrankung

Kontrakturen entstehen, wenn Gelenke über längere Zeit in einer bestimmten Stellung ruhig gestellt (fixiert) werden. Sie treten meist an mehreren Gelenken gleichzeitig auf. Das Gelenk „ruht“ in einer charakteristischen Zwangshaltung, die der Betroffene selbst nicht aufheben kann. Aber auch passiv kann das Gelenk meist nur unter großem Kraftaufwand und unter Schmerzen bewegt werden.

Bei Kontrakturen handelt es sich immer um eine bleibende Bewegungseinschränkung, einmal eingetretene Fixierungen sind meist nur geringgradig umkehrbar.

Kontrakturen bilden sich vorwiegend bei Erkrankungen, die mit akuten Lähmungen einhergehen, z. B. durch einen Schlaganfall oder bei langer Bettlägerigkeit und falscher Lagerung, aber auch bei Schmerzen, die zu Schon- und Fehlhaltungen führen oder bei großen Narben, die die Haut schrumpfen lassen und so die Gelenkbeweglichkeit einschränken.

Ist das Gelenk in seiner Beugestellung fixiert, spricht man von einer Beugekontraktur (Flexionskontraktur), von der typischerweise Finger und Zehen betroffen sind. Der Spitzfuß (Pferdefuß) ist die häufigste Beugekontraktur bei dauerhaft bettlägerigen Menschen. Er wird oft (unbemerkt) dadurch verursacht, dass die Bettdecke auf den Fuß drückt. Dabei versteift sich das obere Sprunggelenk und die Achillessehne verkürzt sich. Dadurch ist normales Gehen unmöglich. Die Betroffenen sind nicht mehr fähig, den Fuß abzurollen und können, wenn überhaupt, allenfalls auf Zehenspitzen gehen.

Ist ein Gelenk in der Streckstellung fixiert, spricht man von einer Streckkontraktur. Sie ist seltener als die Beugekontraktur. Geläufigstes Beispiel hierfür ist der Hallux valgus, bei dem die großen Zehen seitlich nach außen hervorstehen. Begünstigt wird diese Fehlstellung vor allem durch das jahrelange Tragen zu enger geschlossener Schuhe.

Das macht der Arzt

Therapie des Spitzfußes. Die Therapiemöglichkeiten sind begrenzt, trotzdem sollte man nichts unversucht lassen:

  • Die Krankengymnastik kann durch aktive und passive Mobilisation versuchen, die verkürzte Unterschenkelmuskulatur zu dehnen und den Fuß auf diese Weise in seine Normalposition zurückzubringen (manuelle Redression).
  • Ein- oder beidseitige Absatzerhöhungen erleichtern häufig das Gehen.
  • Reicht die Krankengymnastik nicht aus, um die Spitzfußstellung zu korrigieren, empfehlen viele Ärzte Unterschenkelstehgipse, die den Fuß über einen längeren Zeitraum in der Normalposition stabilisieren.

Vorsorge

Die Spitzfußprophylaxe ist vor allem bei Schlaganfallpatienten von allergrößter Bedeutung. Die Anwendung der Maßnahmen erfordert allerdings viel Fachwissen.

Nach der Krankenhausentlassung muss bei weiter bestehenden Lähmungsbeschwerden die Spitzfußprophylaxe fortgesetzt werden. Hier können Sie als Angehöriger sehr gut helfen. Lassen Sie sich ausführlich vom betreuenden Krankengymnasten die notwendigen Übungen und Verhaltensregeln erklären.

Mangelernährung

Mangelernährung: Unter- oder Fehlernährung, bei der die bedarfsgerechte Energie- und Nährstoffzufuhr nicht (mehr) gewährleistet ist. Im Extremfall kommt es zur körperlichen Auszehrung (Kachexie) und zum Kräfteverfall des Betroffenen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 1,5 Millionen der über 60-Jährigen unter chronischer Mangelernährung leiden.

Leitbeschwerden

  • Einseitige Essgewohnheiten (z. B. nur noch Tütensuppen oder Toastbrot)
  • Appetitlosigkeit (Auslassen oder Ablehnen von Mahlzeiten)
  • Gewichtsabnahme
  • Eingefallenes Gesicht und knochige Hände
  • Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit und Erschöpfung
  • Infektanfälligkeit (Schwächung des Immunsystems)
  • Brüchige und stark gerillte Fingernägel (Hinweis auf Eisen- oder Vitaminmangel)
  • Weißgetüpfelte Fingernägel (Hinweis auf Kalziummangel).

Die Erkrankung

Fehl- und Mangelernährung sind zu einer der häufigsten, aber am wenigsten beachteten Krankheiten im Alter geworden. Laut einer Ernährungsstudie waren rund 60 % der über 75-jährigen Patienten bei Aufnahme in ein Krankenhaus unterernährt. Da die Übergänge von ungesundem Essverhalten zur Mangelernährung meist schleichend sind, wird die Krankheit von den Betroffenen, den Angehörigen oder dem Pflegepersonal oft nicht rechtzeitig wahrgenommen. Die quantitative Mangelernährung, bei der insgesamt zu wenig gegessen wird, macht sich nach einiger Zeit durch Gewichtsabnahme bemerkbar. Bei der qualitativen Mangelernährung handelt es sich meist um eine zu einseitige Ernährung, die nicht zwangsläufig mit Gewichtsverlust einhergeht. Vielmehr wird aufgrund der unausgewogenen Nahrungszusammensetzung der Bedarf an bestimmten Nährstoffen nicht gedeckt.

Es gibt viele Gründe, die dazu beitragen, dass ältere Mensche über Monate oder Jahre hinweg zu wenig nährstoffreiche Nahrung zu sich nehmen:

  • Durch die Abnahme der Geschmacksknospen auf der Zunge verändert sich im Alter das Geschmacksempfinden. Das kann z. B. dazu führen, dass alte Menschen die Geschmacksrichtung „süß“ besonders gut wahrnehmen und dementsprechend nur Süßes zu sich nehmen (wollen).
  • Durch das veränderte Beiß- und Kauvermögen wird das Essen anstrengender. In der Folge stehen gut schluckbare Lebensmittel wie Milchbrei, Fertigsuppen, Pudding oder Weißbrot ganz oben auf dem Speisezettel.
  • Fehlende Sozialstruktur: Viele alte Menschen leben allein und haben häufig kein Interesse, für sich selbst einzukaufen und zu kochen.
  • Vergesslichkeit: Viele alte Menschen haben keine feste Tagesstruktur und vergessen einfach, regelmäßig Nahrung zu sich zu nehmen.
  • Essensvorlieben und -verhaltensweisen ändern sich nicht mehr im Alter. Das wird vor allem im Heim zum Problem. Nicht selten reagiert der Betroffene mit Nahrungsverweigerung.
  • Verwitwete haben nach dem Tod ihres Partners Probleme, nur noch für einen zu kochen (Frauen) bzw. für sich selbst zu sorgen (Männer).

Unterstützung durch Angehörige

Einen Angehörigen vor Mangelernährung zu bewahren, erfordert Fingerspitzengefühl. Es gibt keine Standardrezepte, wann im Einzelfall kurzfristig interveniert und wann besser gewartet werden soll. Deshalb sind die folgenden Hinweise in der Praxis auch nicht direkt umsetzbar, wohl aber umfassen sie die Punkte, an die es zu denken gilt:

Appetitlosigkeit. Gemeinsam schmeckt es besser. Menschen, die allein essen müssen, verlieren schnell den Appetit. Der Genuss am Essen steigt, wenn Mahlzeiten gemeinsam vorbereitet und eingenommen werden.

Wünsche erfragen und Bedürfnisse berücksichtigen. Jeder Mensch hat nicht nur Lieblingsspeisen und -getränke, sondern auch jahrelang „erprobte“ Essgewohnheiten und Abneigungen. Oft kann es mit ein wenig Geduld gelingen, durch Lieblingsspeisen die Lust am Essen wieder zu aktivieren.

Bewegen! Appetitlosigkeit ist oft auf Bewegungsmangel zurückzuführen. Durch körperliche Aktivität werden Stoffwechsel und Verdauung angeregt. Auch bei älteren Menschen, die sich nicht mehr selbstständig bewegen können oder einfach viel Zeit in ihrer Wohnung verbringen, wirkt ein tägliches Mindestmaß an körperlicher Aktivität manchmal Wunder.

Auch säuerliche Speisen oder Säfte und Zitrusfrüchte regen den Appetit an. Grundsätzlich gilt: Lieber fünf bis sechs kleine Mahlzeiten einnehmen als drei große. Üppige Mahlzeiten belasten unnötig die Verdauungsorgane und somit das Herz-Kreislauf-System.

Kau- und Schluckbeschwerden. Kauprobleme sind häufig darauf zurückzuführen, dass die Zahnprothese nicht mehr fest sitzt, weil der Kiefer im Alter schrumpft. Der Zahnarzt kann hier helfen. Kauprobleme sollten kein Grund sein für ausschließlich weiche oder breiige Nahrung. Oft reicht es, z. B. harte Brotrinde zu entfernen, statt Toastbrot zu essen. Um das Kauen zu erleichtern, kann die Nahrung auch zerkleinert werden, ein geschälter und klein geschnittener Apfel z. B. schmeckt auch alten Menschen gut und enthält viel wichtiges Vitamin C.

Menschen mit Schluckbeschwerden müssen beim Essen aufrecht sitzen. Um sich nicht zu verschlucken, sollte man erst trinken, wenn der Mund leer von Essensresten ist. Auf (zu) feste Nahrung sollte verzichtet werden, stattdessen können pürierte Speisen und Getränke mit Dickungsmitteln (z. B. Johannisbrotkernmehl) an die Bedürfnisse des Kranken angepasst und löffelweise gegeben werden. Gesund und nährstoffreich sind z. B. auch Kefir, Buttermilch, frisch gepresste Säfte (Obst und Gemüse), mit Joghurt pürierte Früchte oder Cremesuppen. Aber auch in Apotheken erhältliche Trink- und Zusatznahrung (z. B. Biosorb®, Clinutren 1.5®) kann bei Gefahr einer Mangelernährung durch Schluck- und Kaubeschwerden helfen.

Bei Menschen mit extremen Schluckstörungen besteht die Gefahr, dass sie sich z. B. bei zu schneller Nahrungszufuhr lebensbedrohlich verschlucken und ersticken. Die Ursachen für Schluckstörungen sollten auf jeden Fall medizinisch geklärt werden. Logopäden bieten ein Schluck- und Kautraining an.

Nährstoffmangel. Bei Übergewicht sollte die Ernährung so schnell wie möglich auf nährstoffreiche Lebensmittel umgestellt, kohlenhydrat- und fettreiche Nahrung hingegen vermieden werden. Nährstoffreich ist eine ausgewogene Mischkost mit reichlich Getreideprodukten, Kartoffeln, Obst und Gemüse, Milchprodukten, Geflügel und Fisch. Auf übermäßigen Genuss von Fleisch und Wurst, Eiern, süßen und fettreichen Lebensmitteln (Sahnetorten) sollte man verzichten.

Manche Experten empfehlen älteren Menschen, generell auf fettarme Nahrungsmittel auszuweichen, doch ist die Low-Fat-Strategie inzwischen umstritten. Deshalb können ältere Menschen essen, was ihnen schmeckt, und wenn es der Sahnequark auf dem Brötchen und die Obsttorte am Wochenende ist. Aber die Qualität und die Ausgewogenheit der Lebensmittel sollte im Mittelpunkt stehen.

Ist der Betroffene untergewichtig, benötigt er nährstoff- und energiereiche Nahrung. Wenn das mit normaler Ernährung nicht ausreichend möglich ist, sollte der Patient unter ärztlicher Aufsicht energie- oder eiweißreiche Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. Der Energiegehalt der Nahrung lässt sich aber auch mit Hilfe von Butterflocken, z. B. in der Milchsuppe oder im Pudding, erhöhen; auch Sahnespeisen oder Hühnerbrühe sind gute Energielieferanten. Darüber hinaus bieten Apotheken geschmacksneutrale Pulver zur Anreicherung von Speisen und Getränken an (z. B. Clinutren Additions®). Meistens genügt die Einnahme dieser Mittel über wenige Wochen, bis sich das Gewicht des Betroffenen stabilisiert hat.

Einkaufsprobleme. Erkundigen Sie sich nach offenen Mittagstischen von Sozialeinrichtungen oder Pflegeheimen in Ihrer Nähe. Für Menschen, die sich nicht mehr selbstständig aus der Wohnung bewegen können, bietet sich „Essen auf Rädern“ an. Die meisten großen Supermärkte verfügen heutzutage über einen Einkaufsdienst, der Lebensmittel nach Hause liefert.

Spezialbecher oder -bestecke, die es im Sanitätshaus gibt, können die Zubereitung und Aufnahme von Nahrung und Getränken bei einigen Erkrankungen oder Behinderungen erleichtern, z. B. bei der Parkinson-Krankheit.

Künstliche Ernährung. Wenn die selbstständige Ernährung nicht mehr möglich ist, wird der Arzt eine künstliche Ernährung in Betracht ziehen, z. B. durch eine PEG-Sonde. Mit entsprechender Unterstützung durch Pflegekräfte kann diese Ernährung auch zu Hause durchgeführt werden. Vor- und Nachteile sind sorgfältig gegeneinander abzuwägen.

Vorsorge

Nährstoffbedarf. Es ist ein Irrglaube, dass der Körper im Alter weniger Nahrung benötigt. Nur der Energieumsatz sinkt, das heißt, der Körper braucht weniger Fette und Kohlenhydrate, aus denen er Energie gewinnt. So sinkt der Kalorienbedarf im Alter um rund 500 Kalorien (kcal) oder etwa eine halbe Tafel Schokolade. 1 800 kcal für Frauen und 2 300 kcal für Männer empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Senioren. Der Bedarf an Eiweiß, Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen hingegen bleibt unverändert und steigt bei chronischen Krankheiten sogar an. Daher sollten alte Menschen vor allem Nahrungsmittel mit hoher Nährstoff- und geringer Kaloriendichte wie z. B. magere Fleisch- und Käsesorten, Quark, Gemüse und Vollkornprodukte essen.

Weiterführende Informationen

  • www.dsl-mangelernaehrung.de – Deutsche Seniorenliga e. V., Bonn: Übersichtlich gestaltete Internetseite mit vielen Praxistipps und Broschüren zum Herunterladen.
  • www.dgem.de – Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V., Berlin: Fachärztliche Leitlinien zur (enteralen) Ernährung und zum Energiebedarf im Alter. Auch zum Herunterladen als PDF.
  • M. M. Schreier; S. Bartholomeyczik.: Mangelernährung bei alten und pflegebedürftigen Menschen. Schlütersche, 2004. Aufgegriffen werden psychologische Zusammenhänge und Risikofaktoren, die eine Mangelernährung birgt. Hilfreich für Pflegende.

Mundinfektionen und Racheninfektionen

Ohne spülenden Speichel ist die Mundhöhle ein idealer Nährboden für Bakterien und andere Mikroorganismen. Wenn hinzukommt, dass die Patienten selbst nicht (mehr) in der Lage sind, Zähne, Zahnfleisch und Schleimhäute regelmäßig zu reinigen und zu spülen, kommt es sehr schnell zu Pilzinfektionen oder Entzündungen in Mund und Rachen.

Besonders gefährdet sind Menschen, die keine Nahrung zu sich nehmen dürfen oder können und in ihrer Immunabwehr geschwächt sind. Aber auch Menschen mit Vollprothesen werden häufig von Mundentzündungen geplagt.

Häufige Leitbeschwerden

Differenzierte Übersicht

  • Trockene Schleimhäute
  • Weißlich-gelb belegte Zunge
  • Mundgeruch
  • Schluckbeschwerden
  • Gerötete und blutende Stellen im Mundbereich

Die Erkrankungen

Häufig treten Pilzinfektionen der Mundhöhle (Mundsoor) oder Entzündungen der Mundschleimhaut (Stomatitis) auf.

Dringen die Erreger bis zur Ohrspeicheldrüse vor, entzündet sich auch diese (Parotitis). Fieber und durch das Anschwellen bedingte Schluckbeschwerden sind ein deutliches Zeichen. Nicht selten sind pflegebedürftige Menschen auch von kleinen Einrissen an den Mundwinkeln betroffen, die am Übergang von Haut zu Schleimhaut auftreten. Diese Rhagaden sind schmerzhaft und können das Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Mundwinkelrhagaden treten gehäuft in der kalten Jahreszeit auf. Besonders gefährdet sind Menschen mit einer Allergie oder Hauterkrankung, zum Beispiel Schuppenflechte oder Neurodermitis, sowie gestörter Wundheilung, zum Beispiel bei Diabetes. Reißen die Mundwinkel immer wieder ein, kann dies auf eine Leberzirrhose, Eisenmangel, Vitamin-B-Mangel oder eine Überversorgung mit Vitamin A hinweisen. Auch eine schlecht sitzende Prothese begünstigt das Entstehen von Rhagaden.

Bei hartnäckigen Entzündungen schließt der Arzt einen Pilzbefall oder eine bakterielle Infektion aus. Bei nachgewiesenem Pilzbefall sind Nystatin-haltige Salben das Mittel der Wahl. Eine bakterielle Infektion wird mit Antibiotikasalben bekämpft.

Selbsthilfe

Borkige und angetrocknete Beläge auf Zunge und Schleimhaut lassen sich leichter entfernen, nachdem sie zehn Minuten vorher vorsichtig aufgeweicht wurden. In hartnäckigen Fällen hilft auch ein wenig Sahne oder Butter, die mit dem Finger aufgebracht werden. Auch wenn Schleimhäute, Zunge oder Lippen entzündet, gerötet oder rissig sind, ist mit fettenden Substanzen Linderung möglich.

Das Trockentupfen der betroffenen Stelle ist die erste Maßnahme bei Mundwinkelrhagaden. Befeuchten mit Speichel oder Ablecken mit der Zunge ist ungünstig, da dadurch die Haut aufweicht und sie noch leichter einreißt. Fetthaltige Cremes wie Zinkpaste oder Vaseline unterstützen die Heilung. Auch Pflegestifte für trockene Lippen mit Melisse oder Dexpanthenol sind eine Option.

Mundpflege bei Prothesenträgern

Zahnärzte raten, die Prothese nach gründlicher abendlicher Reinigung auch während der Nacht zu tragen, um Veränderungen des Kiefers und des Zahnfleischs zu vermeiden. Beim Reinigen wird die Prothese möglichst unter fließendem Wasser mit der Zahnbürste geputzt und eventuell in Prothesenreinigungsmittel gelegt. Vor dem Einsetzen in den Mund wird die Prothese mit klarem Wasser gründlich abgespült.

Vorsorge

Regelmäßiges – vorsichtiges – Zähneputzen und Mundspülen feuchten die Mundhöhle an und reinigen sie. Drogerien und Apotheken bieten zum Mundspülen eine Fülle von – häufig allerdings alkoholhaltigen – Lösungen an. Eine preiswerte Alternative sind abgekühlte Tees, die gleichzeitig die Speichelproduktion anregen, wenn sie säuerlich sind, wie z. B. Früchtetee oder Wasser mit einigen Spritzern Zitrone. Bei Entzündungen im Mund ist Myrrhentinktur, Kamillen- oder Salbeitee zu empfehlen.

Mundspülungen sind nur möglich, wenn der Patient bei Bewusstsein ist und sicher ist, dass er sich dabei nicht verschluckt. Der Betroffene muss verstehen, was getan und von ihm erwartet wird.

Kann der Patient den Mund nicht selbst spülen, weil er z. B. Schluckbeschwerden hat oder sein Bewusstsein gestört ist, sorgt regelmäßiges Auswischen der Mundhöhle für ein feuchtes und sauberes Klima im Mund. Dabei wird der Patient aufgesetzt. Nach Inspektion der Mundhöhle (gegebenenfalls mit einer Taschenlampe) wischt man die Mundhöhle mit einer Mundspüllösung aus. Dabei werden die Beläge vorsichtig abgelöst und entfernt. Sehr hilfreich sind dabei spezielle feststellbare Pinzetten (z. B. Pean-Klemmen). In der Pinzette wird der Kugeltupfer befestigt. Anschließend wird der Tupfer in die Mundspüllösung getaucht. Die Mundhöhle wird mit dem feuchten, aber nicht tropfenden Tupfer vorsichtig ausgewischt, und so wird auch die Zunge gereinigt.

Stuhlinkontinenz

Stuhlinkontinenz (Darminkontinenz, anorektale Inkontinenz, Incontinentia alvi): Unfähigkeit, den Stuhl zurückzuhalten. Die Stuhlinkontinenz tritt häufig im fortgeschrittenen Stadium von Demenz auf und ist sowohl für die Betroffenen als auch für die Pflegenden eine große Belastung.

Die Erkrankung

Normalerweise verschließt ein kompliziertes Schließmuskelsystem den Darmausgang. Zahlreiche Faktoren können dieses komplexe Zusammenspiel der Muskeln jedoch stören:

  • Neurologische Störungen wie Schlaganfall oder Multiple Sklerose
  • Darmverletzungen und -tumoren (z. B. Mastdarmkrebs)
  • Entzündliche Prozesse in der Afterregion wie Fisteln bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Hämorrhoiden
  • Manchmal kann auch eine chronische Verstopfung durch anfallsweisen, nicht beherrschbaren Stuhldrang zur Verdachtsdiagnose Stuhlinkontinenz Anlass geben.

Das macht der Arzt

Die Diagnostik ergibt sich aus Art und Häufigkeit der Inkontinenzepisoden. Eine gezielte Therapie der Stuhlinkontinenz ist im hohen Lebensalter leider nur selten möglich. Bei einer chronischen Darmentzündung werden z. B. Arzneimittel verabreicht, Tumoren werden operativ entfernt.

Unterstützung durch Angehörige

Zu den unterstützenden Pflegemaßnahmen gehört vor allem das Darmtraining: Der Betroffene geht täglich zu einem festgelegten Zeitpunkt (z. B. nach dem Frühstück oder Mittagessen) auf die Toilette, auch wenn er keinen Stuhldrang spürt. Auf diese Weise gewöhnt sich der Darm daran, sich zu einem festgelegten Zeitpunkt zu entleeren. Um das Zurückhalten des Stuhls zu üben, hilft es, den Schließmuskel täglich mehrmals willkürlich zusammenzukneifen und den Beckenboden zu trainieren.

Nach jeder Darmentleerung muss die Analregion des Betroffenen gründlich mit Wasser (oder Babyöl) gereinigt und gut abgetrocknet werden. Um Entzündungen vorzubeugen, tragen Sie danach Wund- und Heilpasten auf (z. B. Kamillosan®, Multilind®). Desinfizieren Sie beschmutzte Gegenstände nach dem Reinigen, z. B. mit Sagrotan®-Spray oder Tüchern.

Hilfsmittel. Fäkalkollektoren werden am Anus angeklebt und fangen so den austretenden Stuhl in einem Beutel auf. Der Fäkalkollektor ist zweckmäßig, wenn der Stuhl sehr flüssig ist und kontinuierlich ausgeschieden wird. So wird die Haut geschützt, und die Pflege wird vereinfacht. Fäkalkollektoren eignen sich jedoch nur kurzzeitig bei komplett bettlägerigen Kranken, aber nicht, wenn sie teilmobil oder mobil sind.

Analtampons sind aus weichem Schaumstoff und werden direkt in den Anus eingeführt. Sie verhindern, dass Stuhl austreten kann. Verspürt der Betroffene Stuhldrang, kann er den Tampon auf der Toilette leicht entfernen und sich entleeren. Analtampons sind zur kurzfristigen Linderung einer Stuhlinkontinenz geeignet.

Darüber hinaus gibt es Slipeinlagen, Inkontinenzeinlagen oder Inkontinenzslips, die in die Unterwäsche eingelegt werden und den Stuhl auffangen. Die Einlagen gibt es in allen Größen und Stärken in Apotheken und im Sanitätsfachhandel.

Mit der Situation umgehen. Unangenehme Gerüche lassen sich durch Frischluft und Desinfektionsmittel schnell beseitigen. Die meisten Pflegemaßnahmen bei Stuhlinkontinenz bedeuten jedoch immer auch ein unfreiwilliges Eindringen in die Intimsphäre des Menschen. Wie schwierig und unangenehm dies sowohl für die Betroffenen als auch für die Pflegenden ist, können Außenstehende oft nur erahnen. Angehörigen und Pflegepersonal wird viel Einfühlungsvermögen und Taktgefühl abverlangt; manchmal fühlen sich Angehörige überfordert und brauchen Übung und Rat, um in belastenden Situationen mit pflegebedürftigen Menschen umgehen zu können. Dazu gehört auch, den Anblick von Stuhl, Erbrochenem oder durchnässten Betttüchern auszuhalten. Und das ist bis zu einem gewissen Grad lernbar.

Offenheit ist wichtig. Niemanden ist damit geholfen, wenn Gefühle mit Gewalt unterdrückt werden. Auch den Betroffenen nicht. Gelassenheit, Ehrlichkeit und Humor können so manche Situation entspannen. Wenn z. B. das Bett beschmutzt ist, darf man getrost sagen: „Oh, das ist ja eine schöne Bescherung.“ Und mit einem weiteren Satz wie „Ich mache mal schnell das Fenster auf“, lässt sich die Situation besser meistern, als hektisch und verkrampft den Schaden zu beseitigen oder so zu tun, als sei nichts geschehen.

Es erleichtert den Betroffenen, wenn er so schnell wie möglich aus seiner unangenehmen Lage befreit wird.

Beim Reinigen sollten Einweghandschuhe und eine Plastikschürze benutzt werden, die es in der Apotheke gibt und die anschließend entsorgt werden können.

Lässt es anschließend Ihre Zeit zu, tut es gut, für ein paar Minuten (oder länger) einfach etwas Abstand zu bekommen, indem man z. B. eine gut riechende Creme aufträgt und einmal tief an der frischen Luft durchatmet.

Die meisten Informationsangebote zur Harninkontinenz behandeln auch die Stuhlinkontinenz.

Überwässerung

Überwässerung (Hyperhydratation, Volumenüberlastung): Zu viel Wasser im Körper; dies führt zu Gewichtszunahme, Wassereinlagerungen im Bindegewebe (Ödeme), und u. U. auch in der Lunge. Bedrohlich sind die Folgeprobleme vor allem durch die entstehende Überlastung von Herz und Lunge.

Die Erkrankung

Häufigste Ursachen sind Herzinsuffizienz und chronische Niereninsuffizienz sowie das eigenmächtige Weglassen von Diuretika (harntreibende Medikamente), die der Körper des Betroffenen aber braucht, um die nötige Urinmenge zu produzieren.

Sondertext: Diuretika

Zu den seltenen Ursachen gehören nephrotisches Syndrom, Leberzirrhose, Hyperaldosteronismus (Überfunktion der Nebennierenrinde) und Unterfunktion der Schilddrüse. Im Krankenhaus führen nicht selten auch medizinische Maßnahmen, insbesondere ein Zuviel an Infusionen, zu einer Überwässerung.

Das macht der Arzt

Um die Entwässerung zu beschleunigen, werden oft Diuretika verabreicht.

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